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[APD] Deutsche Evangelische Allianz: Keine kirchliche Trauung ohne Standesamt


From Christian B. Schäffler <APD@stanet.ch>
Date Mon, 21 Jul 2008 07:44:38 +0200

[APD] Deutsche Evangelische Allianz: Keine kirchliche Trauung ohne
Standesamt

>20. Juli 2008

>Adventistischer Pressedienst [APD]

>Christian B. Schaeffler, Chefredakteur

>Fax +41-61-261 61 18

>APD@stanet.ch

>http://www.stanet.ch/APD

>CH-4003 Basel, Schweiz

Deutsche Evangelische Allianz: Keine kirchliche Trauung ohne Standesamt

Stuttgart und Berlin/Deutschland. [APD]   Durch eine Aenderung im
Personenstandsgesetz ist ab Januar 2009 eine kirchliche Trauung erlaubt,
ohne dass die Partner standesamtlich geheiratet haben muessen. Doch die  rein
kirchliche Ehe wird nach staatlichem Recht als nicht eheliche  Gemeinschaft
mit allen Konsequenzen angesehen. Das bedeutet: kein Unterhalt, kein
Erbrecht, kein Splitting-Tarif im Steuerrecht und keine  Schutzvorschriften,
auch kein Zugewinnausgleich, fuer den Schwaecheren beim Scheitern der
Verbindung. Eine rechtsverbindliche Ehe kann wie bisher nur vor dem
Standesbeamten geschlossen werden. Die Neuregelung koennte jedoch fuer
christlich gepraegte Paare interessant sein, die eine sogenannte
"Rentnerehe" eingehen wollen, bei der zwei Hinterbliebene gern den
kirchlichen Segen haetten, aber zivilrechtlich Singles bleiben wollen,  um
die Witwenrente nicht zu verlieren.

Der Generalsekretaer der Deutschen Evangelischen Allianz (DEA), Hartmut
Steeb, hat gegenueber den "Stuttgarter Nachrichten" eine kirchliche  Trauung
ohne vorherige standesamtliche Eheschliessung abgelehnt. Er betonte:  "Das
lebenslange Ehe- und Treueversprechen, das gerade aus christlicher Sicht
unabdingbar fuer eine Eheschliessung ist, wird weitgehend der Substanz
beraubt, wenn es nicht mehr rechtlich sondern ?nur? noch 'moralisch'  bindend
ist." Eine Moral, die Verbindlichkeit und gegebenenfalls auch Nachteile
scheue, bleibe in ihrer "guten Absichten" stecken. Wer nicht bereit sei,  die
rechtlichen Konsequenzen einer Eheschliessung einzugehen, dem koenne die
Kirche auch die Zusage des Segens Gottes fuer eine solche halbherzige
Treuezusage nicht zusprechen.

Eine kirchliche Trauung ohne staatlich anerkannte Eheschliessung sei  laut
Steeb ein Pyrrhussieg fuer die Freiheit, der niemandem helfe. Eine  solche
"Ehe" habe nicht den Schutzstand der Ehe nach dem Grundgesetz. Zwar sei  der
Verzicht auf die Festsetzung von Bussgeldern scheinbar keine besonders
starke Rechtsaenderung. "Aber es ist ein weiterer Stoss zur Senkung des
Rechtsbewusstseins und der Rechtsklarheit." Aufgabe der Christen und  Kirchen
muesse es jetzt umso mehr sein, politisch darauf zu draengen, dass eine
Eheschliessung in keinem Fall mit materiellen und ideellen Nachteilen
verbunden sein duerfe. "Wir brauchen dringend entsprechende
Gesetzesaenderungen zum Schutz und zur Foerderung von Ehe und Familie",  hob
Steeb hervor.

Der Regensburger Familienrechtsexperte Prof. Dieter Schwab wies in der
"Sueddeutschen Zeitung" auf weitreichende Folgen dieser Neuregelung hin:
"Ein Paar, das sich kirchlich, aber nicht standesamtlich trauen laesst,
befindet sich in einer Ehe, die vom staatlichen Recht als nichteheliche
Gemeinschaft angesehen wird - mit allen Konsequenzen." Dies bedeute:  kein
Unterhalt, kein Erbrecht, keine Schutzvorschriften fuer den Schwaecheren
beim Scheitern der Ehe, auch kein Zugewinnausgleich.

Schwab haelt es "fuer aeusserst bedenklich", wenn die Nur-Kirchen-Ehe
gewaehlt werde, um das Risiko des Scheiterns dieser Ehe  vermoegensrechtlich
auf den schwaecheren Partner abzuwaelzen. Deshalb sei auf jeden Fall  eine
gruendliche juristische Aufklaerung noetig. Die bisherige Bestimmung,  dass
die standesamtliche einer kirchlichen Hochzeit vorausgehen muss, geht  dem
Bericht zufolge auf die entsprechende Regel des Deutschen Reichs aus dem
Jahr 1875 zurueck. Bei Zuwiderhandlung habe Priestern lange Zeit eine
Bestrafung gedroht, zuletzt sei die "kirchliche Voraustrauung" in
Deutschland aber nur noch eine Ordnungswidrigkeit ohne Sanktion gewesen.

Auch die Frauenrechtsorganisation "Terre des Femmes" warnte angesichts  der
ab 2009 zulaessigen kirchlichen Hochzeiten ohne Standesamt vor einem  Anstieg
der Zahl der Zwangsheiraten. Politiker befuerchten, dass die neue  Regelung
Mehrfach-Ehen den Weg ebnen koennten. "Unsere grosse Sorge gilt  muslimischen
Frauen, die kuenftig leichter in eine religioese Ehe gezwungen werden
koennen. Aber es gibt auch in den christlichen Kirchen  fundamentalistische
Kraefte, die wir nicht unterschaetzen duerfen", sagte Rahel Volz von  Terre
des Femmes der in Essen erscheinenden "Westdeutschen Allgemeinen  Zeitung".

In Oesterreich sind Nur-Kirchen-Ehen schon laenger moeglich. Wegen der
Nachteile fuer den wirtschaftlich schwaecheren Partner habe die
roemisch-katholische Kirche dort aber angeordnet, dass rein kirchliche  Ehen
nur mit Erlaubnis des Bischofs geschlossen werden duerfen.


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