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(LWI 03-08-2009) FEATURE: Kampf ums Ueberleben einer Kultur


From "Dirk-Michael Grötzsch" <dmg@lutheranworld.org>
Date Tue, 24 Mar 2009 12:35:44 +0100

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>FEATURE: Kampf ums Ueberleben einer Kultur

Angesichts des dramatischen Klimawandels gibt Glaube der
indigenen Bevoelkerung Kraft

Chicago (USA)/Genf, 24. Maerz 2009 (LWI) - Nach Shishmaref,
einem Inupiat-Dorf im Nordwesten Alaskas, fuehrt keine Strasse.
Die Menschen hier gehoeren zu den Inupiat, einer indigenen
Volksgruppe in Alaska und Kanada. Sie leben von der Jagd auf
Robben, Walroesser, Voegel, Karibus und Elche sowie vom
Fischfang. Die DorfbewohnerInnen sagen, ihre Kultur sei mehrere
tausend Jahre alt.

Das 560-Seelen-Dorf, das auf einer kleinen, knapp fuenf
Kilometer langen und einen halben Kilometer breiten Insel liegt,
wird langsam vom Meer weggespuelt. Angaben des amerikanischen
Government Accountability Office (GAO), des ueberparteilichen
Untersuchungsorgans des US-Kongresses, zufolge, ist Shishmaref
einer von drei Orten in Alaska, die durch die vom Klimawandel
verursachte Erosion und Ueberflutung am staerksten bedroht sind.
Die US-amerikanische Bundesbehoerde United States Army Corps of
Engineers (USACE), die fuer die Entwicklung und Instandhaltung
von Gewaessern und anderen Umweltressourcen zustaendig ist,
warnte sogar, dass der Ort schon in weniger als zehn Jahren
verschwunden sein koennte.

Da die Gemeindevorstaende erfahren haben, dass Tin Creek, der
bereits vor langer Zeit fuer eine Neuansiedlung des Dorfes
ausgewaehlte Ort auf dem nahen Festland, wegen Dauerfrost
ungeeignet ist, draengen sie die Menschen nun dazu, sich auf
einen anderen Ort zu einigen.

“Der Boden ist dort eigentlich nur Eis, das aber nicht
ausreichend verankert ist, um einen Ort darauf zu errichten”,
erklaert Darlene Turner, eine der Gemeindevorstaende des
traditionellen Inupiat-Dorfes und Praesidentin der lutherischen
Kirche in Shishmaref, einer Gemeinde der Alaska-Synode der
Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELKA).

“Das ist enttaeuschend und wirft uns weit zurueck”, so
Turner.

>Dramatische Folgen

“In Alaska bekommen wir die dramatischen Folgen des
Klimawandels direkt zu spueren, aber die anderen Bundesstaaten
verstehen das nicht”, berichtet Bischof Michael Keys von der
Alaska-Synode.

Die lutherische Gemeinde in Shishmaref wurde 1930 gegruendet und
ist die noerdlichste Gemeinde der ELKA. Schon Anfang letzten
Jahres hatte der im vergangenen Herbst verstorbene
Gemeindepfarrer Robert H. Wentzien seine Sorge ueber den
schlechteren Zugang zu Wasser in Tin Creek und die Langzeitfolgen
einer Umsiedlung zum Ausdruck gebracht. “Ich mache mir nicht
nur Sorgen um ihren Handel und ihre Industrie, sondern auch um
ihre Kultur, ihre muendlichen Ueberlieferungen,
Familientraditionen und vieles mehr”, sagte er vor seinem Tod
gegenueber dem ELKA-Kommunikationsdienst.

Die Kosten fuer eine Umsiedlung des Ortes auf das Festland
werden auf etwa 180 Millionen US-Dollar geschaetzt. Eine
Umsiedlung der Menschen in die knapp 200 km suedlicher gelegene
Region um Nome wuerde Schaetzungen nach nur etwa die Haelfte
kosten.

>Traditionelle Werte und Braeuche

Fuer die BewohnerInnen des Ortes ist die Umsiedlung ein Kampf um
das Ueberleben als Volk und als Dorfgemeinschaft. Laut Stanley
Tocktoo, Vorsitzender des “Shishmaref Erosion and Relocation
Committee” (Ausschuss fuer Erosion und Umsiedlung in
Shishmaref), ist die Mehrheit der Menschen wegen der zu grossen
Veraenderungen im Blick auf den Lebensstils gegen eine Umsiedlung
in eine Stadt wie Nome oder Anchorage.

“Die Mehrheit will in der naeheren Umgebung auf dem Festland
bleiben und so leben, wie unsere Vorfahren immer gelebt haben.
Wir wollen nicht auseinander gerissen werden. Wir wollen unsere
traditionellen Werte und Braeuche aufrechterhalten”, betont
Tocktoo.

Bischof Keys wies darauf hin, dass noch zwei weitere Orte in der
Alaska-Synode, Wales und Teller, von einer Umsiedlung betroffen
sein koennten.

“Wenn die Menschen einfach nach Nome oder Anchorage
umgesiedelt werden, verlieren wir einen Teil der kulturellen
Vielfalt”, sagt Keys. “Wir duerfen den kulturellen
Gesichtspunkt nicht aus den Augen verlieren. Wir muessen uns
fragen, ob uns die kulturelle Vielfalt wichtig ist und ob uns der
Lebensstil der Urbevoelkerung, das heisst ihre Kultur, ihre Werte
und ihre Sprache, am Herzen liegt”, betont er.

Die lutherische Kirche Shishmaref ist die einzige Kirche auf der
Insel. Sie stellte bereits Grundstuecke zur Verfuegung, damit
einige der schon heute unmittelbar Betroffenen in sicherere
Bereiche der Insel umziehen konnten.

“Diese Menschen sind tiefglaeubig. So werden sie die vor ihnen
liegenden sehr, sehr schwierigen Herausforderungen annehmen
koennen und ihre Antwort wird von diesem Glauben gepraegt
sein”, so Keys.

Die Alaska-Synode ist eine der 65 Synoden der ELKA, die
insgesamt 4,7 Millionen Mitglieder hat und dem LWB 1986 beitrat.
(669 Woerter)

(Dieser Feature-Artikel basiert auf einem Beitrag des
ELKA-Kommunikationsdienstes.)

Dieser Artikel gehoert zu einer Feature-Serie, die sich mit dem
Thema der Elften Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes -
“Unser taegliches Brot gib uns heute” - beschaeftigt. Die
Vollversammlung findet vom 20. bis 27. Juli 2010 in Stuttgart
(Deutschland) statt.

>*       *       *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft
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gegruendet, zaehlt er inzwischen 140 Mitgliedskirchen, denen rund
68,5 Millionen ChristInnen in 79 Laendern weltweit angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das
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