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(LWI 04-03-2009) ChristInnen muessen Solidaritaet mit Unterdrueckten zeigen


From "Dirk-Michael Grötzsch" <dmg@lutheranworld.org>
Date Thu, 02 Apr 2009 18:44:04 +0200

LWI online unter: www.lutheranworld.org/News/Welcome.DE.html 

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ChristInnen muessen Solidaritaet mit Unterdrueckten zeigen

Kirchen sind aufgerufen, sich fuer Rechte der Dalits
einzusetzen

Bangkok (Thailand)/Genf, 2. April 2009 (LWI) - VertreterInnen
von Kirchen und kirchlichen Organisationen aus der ganzen Welt
haben auf der “Globalen oekumenischen Konferenz zur
Gerechtigkeit fuer Dalits” in Bangkok (Thailand) die
Notwendigkeit betont, umfassende Foerderungsmassnahmen konsequent
umzusetzen, um so Randgruppen vor Diskriminierung zu schuetzen.
Die Konferenz vom 21. bis 24. Maerz wurde vom Lutherischen
Weltbund (LWB) und dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK)
organisiert und von der Asiatischen Christlichen Konferenz
ausgerichtet.

In einem Workshop mit dem Titel “Positive Diskriminierung von
und Anwaltschaftsarbeit fuer Minderheiten in betroffenen
Laendern”, der im Rahmen der Konferenz stattfand, hielten die
TeilnehmerInnen fest, dass Mitglieder der geaechteten
Bevoelkerungsgruppen, wie zum Beispiel den Dalits, auch in
Laendern, in denen Gesetze dies eigentlich verhindern sollen,
weiterhin sozial, wirtschaftlich und politisch vom
gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen sind.

>Politische Kluft in Indien

In Indien gebe es verschiedene Foerderungsmassnahmen zu Gunsten
der Minderheiten, die auf bestimmte Bereiche wie unfreie und
Kinderarbeit, die Latrinenreinigung von Hand und “jogni”
(rituelle Prostitution) ausgerichtet sind. Trotzdem sei die
Situation der Dalits in Indien nichts, worauf man stolz sein
koenne, ganz im Gegenteil, man muesse sich dafuer schaemen, sagte
Paul Divakar, ein Dalit und Aktivist der “National Campaign for
Dalit Human Rights” (Nationale Kampagne fuer die Menschenrechte
der Dalits).

Er wies weiter darauf hin, dass es zwar verschiedene Projekte
und Programme gebe, die die gesellschaftliche und wirtschaftliche
Situation der Armen und Ausgegrenzten verbessern sollen, dass die
Notlage der Dalits aber weitgehend unveraendert sei. Es wird
ausserdem berichtet, dass 80 Prozent der Dalits in laendlichen
Gebieten leben, 86 Prozent kein Land besitzen, 60 Prozent von
Gelegenheitsarbeiten leben muessen und nur 30 Prozent lesen und
schreiben koennen. 

Als Dalit und Aktivist, der sich fuer gesellschaftliche Probleme
engagiert, scheint es Divakar so, als ob die Kluft zwischen den
Kasten politisiert werde. Wenn die Bestimmungen der Verfassung
nicht durchgesetzt wuerden, so Divakar, wuerden diese - und vor
allem diejenigen, die Frauen und anderen Randgruppen integrieren
sollen - zu einer Farce und spotteten dem politischen System. Als
Beispiel nannte er die indische Reservierungspolitik. 

Theoretisch soll diese Reservierungspolitik in
Bildungseinrichtungen, bei Arbeitsstellen und in politischen
Aemtern einen proportionalen Anteil von Dalits garantieren. Viele
renommierte Bildungseinrichtungen, wie zum Beispiel das Indian
Institute of Technology oder das Indian Institute of Management,
hielten sich jedoch nicht an diese Gesetze, so Divakar. 

Divakar betonte auch, dass die Situation nicht nur in den
Bildungseinrichtungen so diskriminierend sei, sondern auch in der
Politik und auf dem Arbeitsmarkt. Und die Regierung nehme dies
stillschweigend hin. Dadurch sei eine grosse Zahl der Dalits
verbittert ueber die ihnen verwehrten Moeglichkeiten.

“Was mir besonders weh tut, ist, dass die wenigen Dalits, die
im Parlament sitzen und die die Dalits allgemein als ihre
Fuersprecher und Fuersprecherinnen sehen, die einen Wandel
herbeifuehren koennten, nicht die Interessen der Dalits, sondern
fremde Interessen vertreten und gefangen sind im Machtgefuege der
Politik”, beklagte Divakar. 

>Kein rein indisches Problem

Die Teilnehmenden erfuhren, dass es auch in anderen Laendern
aehnliche Entwicklungen gibt. In Nepal gebe es zum Beispiel
ebenfalls Gesetze gegen die Diskriminierung einzelner Gruppen,
berichtete Indira Ghale von der Feminist Dalit Organization in
Nepal. Dalits, die dort etwa 20 Prozent der nepalesischen
Bevoelkerung ausmachten, seien jedoch in der gleichen Situation
wie die Dalits in Indien. “Auch in Nepal [gibt] es eine
Reservierungspolitik, dennoch werden den Dalits ihre Rechte auf
Bildung, Arbeit und Beteiligung an Politik verwehrt. Sie werden
gezwungen, niedrige Arbeiten zu verrichten und haben keine andere
Wahl”, betonte sie.

Andere suedasiatische Staaten, in denen es eine Kastenordnung
gibt, wie zum Beispiel Bangladesch, Pakistan und Sri Lanka, haben
bisher keine Gesetze gegen Diskriminierung erlassen. Pfr. Vincent
Manoharan, Sekretaer fuer internationale Anwaltschaftsarbeit bei
der “National Campaign for Dalit Human Rights” in Pakistan,
erklaerte, dass alle pakistanischen Dalits, egal ob MuslimIn,
Hindu oder ChristIn, unter Diskriminierung durch die Regierung
litten. “Der islamische Staat erkennt das Dalit-Problem nicht
an”, sagte er. Studien unter Hindu-Dalits haetten ergeben, dass
die meisten unter ihnen Leibeigene sind. Christliche Dalits seien
sogar doppelt ausgegrenzt.

Manoharan betonte, die meisten Dalits in Bangladesch hielten die
Strassen sauber und sammelten Muell ein.

In Sri Lanka sind zwar die Kaempfe zwischen den einzelnen
Voelkern von groesserer Bedeutung, aber selbst BuddhistInnen
denken hier in Kasten. Auch wenn sie in Sri Lanka nicht als
“Dalits” bezeichnet werden, haben Dalits, die aus Indien
stammen, in Sri Lanka selbst dann kein Wahlrecht, wenn sie
StaatsbuergerInnen des Landes sind. 

Der Workshop zeigte, dass auch ausserhalb der genannten Laender
und auch dann, wenn es keine Kastenordnung gibt, Gesetze gegen
Diskriminierung notwendig sind.

Auf den Philippinen gebe es zum Beispiel keine Kastenordnung,
berichtete Pfr. David Tabo-oy, Dekan der Episcopal Cathedral of
the Ressurection in Baguio City (Philippinen). Trotzdem “ist
die Gesellschaft in Mehrheiten und Minderheiten geteilt. Zu den
Minderheiten gehoeren [die] indigenen Voelker, aehnlich wie die
Aborigines in Australien”, erklaerte Tabo-oy. Er merkte an,
dass es zwar Gesetze gebe, die die indigenen Voelker schuetzten,
gleichzeitig wuerden andere Gesetze wie das Bergbaugesetz ihnen
ihre Rechte aber wieder verwehren; in dem Fall des
Bergbaugesetzes das Recht auf Landbesitz.

In Laendern wie den USA, Irland und Malaysia gibt es
Anti-Diskriminierungsgesetze, die Randgruppen der Bevoelkerung
schuetzen. 

>Kirchen zu Solidaritaet aufgerufen

Die KirchenvertreterInnen, die an dem Workshop teilnahmen,
riefen die weltweite oekumenische Gemeinschaft auf, aktiver zu
sein und sich mehr dafuer einzusetzen, dass ihre Regierungen
Gesetze gegen Diskriminierung erlassen und durchsetzen.

Fuer Bischof Dr. Zephania Kameeta von der

Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Republik Namibia steht die
allgemeine Gueltigkeit der Menschenrechte auf dem Spiel und somit
sei die Anwaltschaftsarbeit der Kirchen fuer die Einhaltung der
Menschenrechte nicht fakultativ. “Diskriminierung und
Unterdrueckung sind eine Schande fuer die Menschheit. Unsere
Solidaritaet mit den Dalits ist keine Gefaelligkeit, es ist
vielmehr unsere christliche Pflicht und Verantwortung, uns mit
den Dalits zu solidarisieren”, so Kameeta, LWB-Vizepraesident
fuer die Region Afrika. (954 Woerter)

(Ein Beitrag von Timothy Melvyn, Kommunikationsbeauftragter der
Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Indien.)

Weitere Informationen zur “Globalen oekumenischen Konferenz
zur Gerechtigkeit fuer Dalits” finden Sie unter:
http://www.lutheranworld.org/Arbeitsfelder/Biamr/BIAMR-Dalits_Gerechtigkeit.html

>*       *       *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft
lutherischer Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden)
gegruendet, zaehlt er inzwischen 140 Mitgliedskirchen, denen rund
68,5 Millionen ChristInnen in 79 Laendern weltweit angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das
ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat
der Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen
Organisationen. Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen
in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische und
interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe,
Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von
Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als
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herausgegeben. Veroeffentlichtes Material gibt, falls dies nicht
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